3b: Anwendungen von Aerogelen

Aber warum werden Aerogele nicht längst überall verwendet?

In naher Zukunft existiert ein großes Potential für neue Anwendungen von Aerogelen. Trotzdem werden sie derzeit noch kaum technisch eingesetzt. Einerseits liegt das daran, dass Aerogele ein recht neues Forschungsthema sind. Andererseits hängt es vor allem mit der aufwändigen Herstellung und somit dem hohen Preis von Aerogelen zusammen: Lange Zeit konnte man Aerogele nur in kleinen Mengen im Labor herstellen. Doch mit dem EU-Forschungsprojekt NanoHybrids, gelang es, das Herstellungsverfahren so weiterzuentwickeln, dass erstmals größere Mengen dieser neuartigen Materialien hergestellt werden konnten. Dieses Forschungsprojekt wurde von 2015 bis 2019 von zwölf Forschungs­instituten und Industriepartnern aus sieben Ländern unter Leitung der Technischen Universität Hamburg, Institut für Thermische Verfahrenstechnik, Frau Prof. Irina Smirnova durchgeführt.

Chancen für die Zukunft

Wenn nun mehr von diesen Materialien verfügbar sind und die Herstellkosten sinken, kann man in vielen Bereichen über den Einsatz von Biopolymer-Aerogelen nachdenken. Da man verschiedenste Materialien als Ausgangsstoffe für Aerogele einsetzen kann, darunter auch Eiweiße und Stärke, lassen sich essbare Aerogele herstellen. Damit könnten z.B. Medikamente in Aerogele eingebracht werden, die nach der Einnahme im Körper nach und nach freigesetzt werden. Ebenso könnten Aerogele als Träger von Aromastoffen und Vitaminen für Nahrungsergänzungsmittel oder von Wirkstoffen in Kosmetika genutzt werden. In der Landwirtschaft könnten Aerogele Schädlingsbekämpfungsmittel kontrolliert freisetzen und so zu einem sparsameren Gebrauch von diesen Mitteln führen.

Zu guter Letzt:
Von Kniffelix zu neuer Forschung
– was dieses Projekt der Wissenschaftskommunikation auslöste

Normalerweise läuft es andersherum: Erst entwickeln wir Forschende ein besonderes Produkt und berichten dann davon, wie wir dazu gekommen sind – z.B. hier auf der Kniffelix-Website. Als wir die Aerogelherstellung allgemeinverständlich im Rahmen unserer Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Thermische Verfahrenstechnik und dem Kniffelix-Team erklären wollten, hatten wir auch genau das vor. Allerdings entwickelte sich dann aus der Idee, wie wir euch Aerogele und die überkritische Trocknung erklären können, ein eigenständiges wissenschaftliches Projekt unter Beteiligung von zahlreichen Forschenden an der TUHH und internationalen Experten. Aber wie kam es dazu?

Nach der Idee, euch Geltrocknung am Beispiel von Obst und Gemüse zu erklären (siehe Mission 2c), haben wir uns überlegt, ob wir nicht auch Äpfel, Orangenschalen, Pilze – und generell alle lebenden Gewebe – als natürlich gewachsene, poröse Hydrogele betrachten und direkt in Aerogele umwandeln können. Um dieser Idee nachzugehen, konnten wir zahlreiche Forschende und Studierende begeistern, die 20 verschiedene Lebensmittelreste im Labor über die folgenden Schritte in Aerogele umgewandelt haben: Kleinmahlen im Küchenmixer, Waschen mit Wasser, Lösungsmittelaustausch mit Ethanol und Überkritische Trocknung. Die Herstellung seht ihr unten (b), und sie ist wesentlich einfacher als die „normale“ Aerogelherstellung (a).

Hierbei konnten wir zeigen, dass alle getesteten Gewebe Aerogel-typische Eigenschaften aufwiesen, insbesondere bestanden sie fast nur aus Luft (hohe Porosität) und zeigten hohe spezifische Oberflächen von bis zu ca. 450 m2/g. Obwohl es so einfach klingt (und auch ist!), wurde dies noch nicht zuvor berichtet – wahrscheinlich, weil viele Essensreste vor der Weiterverarbeitung normalerweise an der Luft getrocknet werden (und dann gehen Poren verloren).

Die hergestellten Obstschalen- und Gemüseaerogele weisen ein hohes Anwendungspotential auf, z.B. in der Lebensmittelindustrie. Hier können sie genutzt werden, um flüssige Öle so streichfest wie Butter oder Margarine zu machen, indem sie das Öl in ihren Poren binden. Diese sogenannten „Oleogele“ sind von Interesse, da flüssige Öle wie Sonnenblumenöl für uns Menschen viel gesünder als feste Fette sind.

Zusammengefasst hat uns unsere Idee nicht nur dahin gebracht, einen vereinfachten Aerogelprozess zu entdecken, sondern auch Essenabfälle oder Nebenprodukte – statt sie wegzuwerfen oder als Schweinefutter zu verwenden – in High-Performance Aerogele umzuwandeln. Und bestimmt gibt es noch mehr Anwendungsmöglichkeiten als in unserer Studie gezeigt. Neugierig? Zum (englischen) Fachartikel geht es hier:

https://pubs.rsc.org/en/content/articlepdf/2025/GC/D4GC05703A

Felix fragt sich

Auftrag:

Aerogele werden als Dämm-Materialien eingesetzt. Ordne den verschiedenen Materialien ihre Wärmeleitfähigkeiten zu. (Dieses Rätsel ohne Aerogel stammt von der Website LEIFIphysik.)

Weiter mit Exkurs: Studienorientierung im Bereich Aerogele
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