Eigenschaftsfunktion zur Berechnung der Staubungsneigung von Pulvern
- Institut:
Institut für Partikeltechnologie, Bergische Universität Wuppertal
- Projektleiter:
Prof. Dr.-Ing. habil. E. Schmidt, BU Wuppertal
- Bearbeiter:
Dr.-Ing. K. Vaupel, BU Wuppertal
- Ehemalige Bearbeiter:
M.Sc. T. Londershausen, BU Wuppertal
Projektziel
Die Staubungsneigung eines dispersen Feststoffes kann als Eigenschaft (im Sinne eines Summenparameters) verstanden werden, bei bestimmter Handhabung in gasförmiger Umgebung eine Partikelfraktion spezieller Menge und Größenverteilung – zumindest kurzzeitig – gasgetragen freizusetzen. Diese Staubfreisetzung ist in der Regel unerwünscht, da diese mit einem Materialverlust (wertvoller Ressourcen oder Produkte) und oft mit einer Belastung oder Gefährdung der beteiligten Personen und einer Verschmutzung des Arbeitsumfeldes oder der Umwelt verbunden ist.
Die Staubungsneigung ist demnach eine wichtige, aber bisher in ihrer Bedeutung vernachlässigte anwendungstechnische Produkteigenschaft, die sich entlang des Prozessweges beispielsweise durch Zerkleinerung, Agglomeration, Klassierung oder Mischung der beteiligten Feststoffe ändern kann. Erste Eigenschaftsfunktionen, die diese – oft auch zeitlich veränderliche und damit in die Dynamik der Prozesse eingebundene – Staubungsneigung in Abhängigkeit der Verteilungen von Partikelgröße, Partikelform und Partikelwechselwirkung der dispersen Systeme bei bestimmter Handhabung beschreiben, werden im Rahmen dieses Projektes ermittelt. Der CAPE-OPEN-Standard zur Schnittstellendefinition erlaubt dabei die Kommunikation mit dem Zentralprojekt.
Hierzu werden sowohl Experimente an Laboranlagen wie zum Beispiel „Freier Fall und Aufprall in ruhender Luft“, „Rutsch- und Fallbewegung in rotierender Trommel“, „Dispergierung mittels Druckluftstoß“ oder „Aufwirbelung im Luftstrom“ unter sehr genau definierten Randbedingungen durchgeführt als auch physikalisch basierte Modelle aufgestellt werden. Diese Modelle werden in einer innovativen Art durch hier erstmals eingeführte „Fraktionsfreisetzungsgrade“ beschrieben sein, die zusammen mit zeitlich veränderlichen Beanspruchungsfunktionen (Apparateeigenschaften) und Festigkeitsfunktionen (Materialeigenschaften) die transienten Vorgänge der Staubung quantitativ vorhersagen helfen sollen. Durch fest vereinbarte Kooperationen mit Projektleitern anderer Forschungsstellen, die Prozesse der Feststoffverfahrenstechnik anwendungsnah untersuchen, sollen die gefundenen Eigenschaftsfunktionen bezüglich ihrer Praxistauglichkeit bewertet werden.
Arbeitsprogramm
Theoretischer Bereich
Betrachtet werden zwei Modellsysteme. Im System A wird eine Pulvermasse mit gegebener Partikelgrößenverteilung so beansprucht, dass im abgeschlossenen Bilanzraum eine von der Zeit abhängige Partikelraumkonzentration vorliegt. Im System B wird der mit dem Pulver belegte Raum vom Gas durchströmt, so dass eine Änderung der Partikeltransportkonzentration im Gasvolumenstrom möglich wird. Die Konzentrationen können bezüglich der Partikelmasse oder der Partikelanzahl angegeben werden, und zwar sowohl für die totale Menge als auch inkrementell für die einzelnen Partikelgrößen(klassen). Für die beiden Modelle A und B werden die jeweiligen Gleichungssysteme aufgestellt, um die angegebenen Konzentrationen als Funktion der Partikelgröße und der Zeit zu beschreiben. Hierzu wird in einem ersten Schritt erstmals der in diesem Projekt neu definierte Fraktionsfreisetzungsgrad R(x,t) als gegebene Eigenschaftsfunktion eingeführt. Dieser Grad beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit Partikeln gegebener Größe aus dem Pulver heraus in das Gas übergehen können. Zusammen mit der tatsächlich vorhandenen Pulvermenge und deren Partikelgrößenverteilung kann dann die tatsächlich übergehende Menge partikelgrößenabhängig als Funktion der Zeit berechnet werden. Der nächste Schritt ist geprägt von der Entwicklung des Fraktionsfreisetzungsgrades R(x,t) aus zunächst als bekannt angenommenen Funktionen zur Beschreibung der haltenden und trennenden Kräfte auf Partikeln gegebener Größe x zur Zeit t in einem Pulver. Das dritte Arbeitspaket stellt den Bezug zu Partikelbeanspruchungen in realen Apparaten der Feststoffverfahrenstechnik und zu realen Partikelwechselwirkungskräften in solchen Apparaten her.
Experimenteller Bereich
An vier Modellapparaturen, mit denen der Antragsteller schon viele Erfahrungen in anderen Forschungs- und Entwicklungsprojekten sammeln konnte, sollen grundlegende Untersuchungen zur messtechnischen Erfassung der Staubungsneigung als Funktion der eingesetzten Pulver und deren Eigenschaften bei definierter Beanspruchung durchgeführt werde. Es wird die Staubung bei der Schüttung, Mischung, Dispergierung und Aufwirbelung vermessen werden.
- Freier Fall und Aufprall in ruhender Luft – Staubung bei Schüttung
- Rutsch- und Fallbewegung in rotierender Trommel – Staubung bei Mischung
- Dispergierung mittels Druckluftstoß – Staubung bei Dispergierung
- Aufwirbelung im Luftstrom – Staubung bei Aufwirbelung
Durch eigene Untersuchungen an einer Mörsermühle und fest vereinbarte Kooperationen mit Projektleitern anderer Forschungsstellen, die Prozesse der Feststoffverfahrenstechnik wie das Zerkleinern, die Sprühgranulation sowie Trenn- und Abscheideprozesse auch experimentell untersuchen, sollen das Konzept der Fraktionsfreisetzungsgrade geprüft und fortentwickelt sowie die gefundenen Eigenschaftsfunktionen bezüglich ihrer Praxistauglichkeit bewertet werden. Die so erhaltenen Erkenntnisse werden in die eigenen theoretischen und experimentellen Untersuchungen rückgekoppelt werden und fördern die Arbeiten der Kooperationspartner.
- Zerkleinerung mit Mörsermühle
- Zerkleinerung mit Strahlmühle
- Sprühgranulation in Wirbelschichtrinnen
- Trenn- und Abscheideprozesse