Grüne Kiwis enthalten das Enzym Actinidin, das Proteine, also z.B. Eiweiße, die in Milchprodukten enthalten sind, abbaut. Einige Produkte, die dabei entstehen, schmecken bitter[1], was unter anderem von der Größe der Bruchstücke und deren räumlicher Anordnung abhängt. Daher sollte man frische grüne Kiwis nicht in Desserts oder Shakes mit Milch geben, oder diese verzehren, bevor das Enzym zu viele Bitterstoffe hergestellt hat.
Gelbe Kiwis enthalten dieses Enzym gar nicht oder es hat eine so geringe Aktivität, dass diese Kiwis auch roh mit Milcherzeugnissen verzehrt werden können, ohne dass es zu einem bitteren Geschmack kommt[2].
Außer bei Kiwis kann man die Unverträglichkeit mit Milch auch bei Ananas und Papaya beobachten, denn auch diese tropischen Früchte enthalten viele Enzyme, die Eiweiße spalten. Je nach Frucht dominiert ein anderes Enzym: Actinidin bei der grünen Kiwi, Bromelain bei der Ananas sowie Papain bei der Papaya. Die Tatsache, dass Enzyme kaputtgehen, wenn sie zu heiß werden, kann man benutzen, um diese Früchte trotzdem mit Milch zu verwenden. Wenn man Kiwis, Ananas und Papayas vor der Verwendung mit kochendem Wasser übergießt und sie darin kurz ziehen lässt, verlieren die Enzyme ihre Wirkung!
Tipp: Übrigens ärgern Enzyme in diesen Obstsorten auch Gelatine! Sie können verhindern, dass Gelatine fest wird oder festgewordene Gelatine wieder auflösen. Hier helfen die Beobachtungen aus eurem Versuch, denn auch hier können die Enzyme im Obst durch Hitze zerstört werden, indem die Gelatine möglichst heiß über diese Früchte gegeben wird, und schon wird und bleibt die Gelatine fest!
[1] Quelle:Wieser, H., Belitz, HD. Zusammenhänge zwischen Struktur und Bittergeschmack bei Aminosäuren und Peptiden II. Peptide und Peptidderivate. Z Lebensm Unters Forch 160, 383–392 (1976). https://doi.org/10.1007/BF01106329
[2] Quelle: Kaur L, Mao B, Bailly J, Oladeji O, Blatchford P, McNabb WC. Actinidin in Green and SunGold Kiwifruit Improves Digestion of Alternative Proteins-An In Vitro Investigation. Foods. 2022 Sep 6;11(18):2739. doi: 10.3390/foods11182739. PMID: 36140865; PMCID: PMC9497782.
Und was hat das mit Bioingenieurwesen zu tun?
Enzyme sind Werkzeuge der Natur für Stoffumwandlungen, sogenannte Biokatalysatoren. Sie beschleunigen Reaktionen bei milden Temperaturen, bei denen Lebewesen existieren, und verursachen weniger Nebenprodukte als chemische Reaktionen. Daher werden sie auch in der Industrie eingesetzt.
Bioingenieure untersuchen, wie man solche Prozesse durchführen kann. Da Enzyme empfindlich sind, muss untersucht werden, bei welchen Reaktionsbedingungen (z. B. bezüglich Temperatur, pH-Wert) eine möglichst hohe Ausbeute erreicht wird und die Enzyme lang stabil und funktionsfähig bleiben. Auch die Herkunft der Enzyme spielt eine Rolle. Wenn es solche Enzyme z.B. in Bakterien gibt, die in heißen Quellen leben, dann können sie höhere Temperaturen vertragen. Weitere Aufgaben für Bioningenieure sind, die Auswahl und die Größe des Bioreaktors (Gefäßes), in dem die Umwandlung stattfindet, zu bestimmen. Werden Rührer benötigt, um für einen guten Stofftransport zu sorgen? Welche Rührgeometrie funktioniert am besten? Was muss beim „upscaling“ beachtet werden, wenn die Produktion vom kleinen Labormaßstab auf große industrielle Prozesse umgestellt werden soll? Wie wird die Qualität analysiert und sichergestellt? Dies sind einige der Fragen, auf die Bioingenieure im Studium und Beruf treffen. Näheres dazu kannst du demnächst in unserer neu entstehenden Biotechnologie-Mission erfahren.